Ein Kommentar VON MICHAEL RINDE

Statt denkbarem Durchmarsch gab es gestern für den amtierenden und künftigen Bürgermeister Olaf Hausmann (SPD) eine Zitterpartie bei der Frage, ob es zu einer Stichwahl kommt oder nicht. Dann hätte es in Kirchhain noch einmal sehr spannend werden können. Doch am Ende reichten 50,93 Prozent der Stimmen zum Wahlerfolg im ersten Durchgang. Themen, die polarisiert haben, gab es im kurzen, unter Coronabedingungen geführten Wahlkampf genug: die Idee eines autofreien Marktplatzes in der Kernstadt etwa oder die Pläne eines Landwirtes für eine Stallerweiterung in Kleinseelheim. Bei Letzterem lässt sich genau sagen, dass sich das Thema drastisch zulasten Hausmanns ausgewirkt hat. Obwohl weder er noch die Stadt Kirchhain die entscheidende Rolle dabei spielen. Dort geht es am Ende nur um Rechtsvorschriften, nicht um Politik.

Zudem gab es dieses Mal anders als vor sechs Jahren drei Bewerber um das Bürgermeisteramt. Alle drei Kandidaten haben diesen Wahlkampf sehr engagiert und sehr fair und sachlich geführt. Respekt an alle drei und ihr Umfeld dafür. Holger Lesch (CDU) hat dabei Qualitäten gezeigt, die man von ihm als eher stillen Stadtverordneten so noch nicht kannte. Er wird sicherlich auch im Parlament jetzt öfter zu hören sein. Lesch hat die klassischen CDU-Hochburgen nicht nur gehalten, er hat auch in anderen Stadtteilen gepunktet. Allerdings nicht an seinem Wohnort, Großseelheim bleibt für die SPD eine sichere Bank. Maximilian Schwetz will in Kirchhain weiter Politik machen, auch das ist nur gut für den politischen Diskurs. Denn neue Anstöße beleben. Gleichwohl: Am Ende hat der Wähler sich mit Mehrheit auf Olaf Hausmann festgelegt. Er führt jetzt weitere sechs Jahre das Rathaus, setzt Impulse, gibt Anstöße, bringt Neues in Bewegung und scheut auch Auseinandersetzungen nicht. Aber er sollte manchen Anstoß aus Wahlkampf und Wahl ernsthaft bedenken, wie etwa die Diskussion um den Marktplatz. Da gilt es, genau abzuwägen, ob eine Idee gegen so breiten, begründeten Widerstand weiterverfolgt werden sollte. Die Wahlbeteiligung von nur 48,9 Prozent wäre eigentlich einen eigenen Kommentar an dieser Stelle wert. Sie wird weder diesem Wahlkampf gerecht noch der Wichtigkeit dieses Urnenganges. Es lässt sich jetzt munter darüber spekulieren, was die Menschen daran gehindert hat, in die Wahllokale zu gehen. Demokratie (um die in der Ukraine grad gekämpft wird) braucht Engagement und sei es auch nur der einfache Gang zur Wahl.

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