Kirchhain macht 1,845 Millionen PlusTiefrote Zahlen waren über viele Jahre Kennzeichen der Kirchhainer Haushalte. Unter dem Schutzschirm des Landes Hessen schaffte die drittgrößte Stadt des Landkreises die Wende. Frohe Botschaft: Bürgermeister und Kämmerer Olaf Hausmann kann mit dem riesigen Überschuss Defizite aus alten Investitionshaushalten ausgleichen.

Kirchhain. Durch drei ausgeglichene Ergebnishaushalte in Folge erfüllte die Stadt in der kürzest möglichen Zeit die Bedingungen für die Entlassung aus dem Schutzschirm-Programm mit seinen strengen haushalterischen Auflagen.

Diese Leistung wurde jetzt noch getoppt. Während der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses stellte Bürgermeister Olaf Hausmann (SPD) den Parlamentariern die Jahresschlussrechnung für das Haushaltsjahr 2015 vor: Das Ergebnis: Ein Überschuss von 1,845 Millionen Euro! Gegenüber dieser Zeitung präzisierte der Kämmerer diese Zahl. Die Erträge aus dem Ergebnishaushalt, mit dem die Stadt ihre laufenden Ausgaben bezahlt und dem Finanzhaushalt, aus dem die Mittel für die städtischen Investitionen stammen, summierten sich 2016 zusammen auf 33,879 Millionen Euro. Dem standen Ausgaben der Stadt in beiden Haushalten in Höhe von 31,517 Millionen Euro gegenüber.

Den gewaltigen Geldsegen führte Olaf Hausmann auf höhere Einnahmen aus dem Einkommensteuer-Anteil und vor allem auf die Verbesserungen aus dem Kommunalen ­Finanzausgleich (KFA) zurück. „Wir haben an den Landkreis so ­hohe Umlagen wie nie zuvor ­bezahlt, gleichzeitig aus dem KFA zwei Millionen Euro mehr an Zuweisungen vom Land ­Hessen bekommen“, sagte Olaf Hausmann der OP.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten war der KFA zu Lasten der Kommunen völlig aus dem Ruder gelaufen. Die Zuweisungen des Landes hielten bei Weitem nicht mit den ständig steigenden Umlagen Schritt, was fast alle Kommunen in die Verschuldung führte.

Der Bürgermeister zeigte sich hoch erfreut über den hohen Überschuss und bekannte gleichzeitig, „das hat nicht der Olaf Hausmann gemacht.“ Der Überschuss sei ein Ergebnis der konsequenten Haushaltskonsolidierung der vergangenen Jahre, die von allen Fraktionen getragen worden sei.

Kein Geld für die Großprojekte

Die große Summe weckt ­natürlich Begehrlichkeiten. Schließlich hat die Stadt bei den ­Investitionen Großprojekte wie den barrierefreien Ausbau des Bahnhofs, den Umbau des Freibads und die Sanierung diverser Feuerwehr- und Gemeinschaftshäuser zu stemmen. Entsprechenden Erwartungen teilt Olaf Hausmann jedoch eine klare Absage. Die fast zwei Millionen Euro würden genutzt, um die Fehlbeträge aus den Finanzhaushalten der vergangenen Jahre auszugleichen.

Noch sei die Stadt weit davon entfernt, etwaige Haushaltsüberschüsse für Großprojekte zu verwenden, sagte Olaf Hausmann. So rief er in Erinnerung, dass die Stadt noch keinen Cent der Kassenkredite zurückbezahlt habe. Kassenkredite sind eine Art Dispo der Kommunen, der deren Liquidität sichert. Derzeit können Kassenkredite zu einem Zinssatz nahe 0 Prozent in Anspruch genommen werden. Sie belasten folglich den Haushalt nur minimal. Ein Ende der Tiefstzinsphase ist jederzeit möglich. Schon ein normaler Zinssatz für die millionenschweren Kassenkredite könnte Haushalte verhageln.

Deshalb hatte Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer­ Anfang 2016 den Kirchhainern nach Erreichen der Schutzschirm-Ziele ins Stammbuch geschrieben, dringend die Kassenkredite zu tilgen. Olaf Hausmann bekräftigte gegenüber der OP seine Absicht, diese Vorgabe umzusetzen.

Das weitere Procedere: Der Bürgermeister erwartet, dass die Jahresabschlussprüfung der Stadt durch das Regierungspräsidium Gießen geprüft und noch während der Sommerferien bestätigt wird. Dann könne die Stadt auch formal die Entlassung aus dem Schutzschirm-Programm beantragen.

Zuvor hatte der Haupt- und ­Finanzausschuss einstimmig die Teilsanierung des Niederwälder Schutz-Deichs auf einer Länge von 400 Metern gebilligt. Wie diese Zeitung berichtete, soll die Ertüchtigung des Deiches 57600 Euro kosten.

Nach gut 13 Jahren will die Stadt Kirchhain sich eine Neufassung der Verwaltungskostensatzung geben. Jürgen Rößler stellte den Entwurf vor, der nach Schätzungen Mehreinnahmen zwischen fünf und zehn Prozent bringen soll. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr nahm die Stadt über von Bürgern zu bezahlende Verwaltungsgebühren 164477 Euro ein.

Plätze für Kleidercontainerwerden deutlich teurer

Wie Jürgen Rößler betonte, würden Gebührenzahler, die aus Sondernutzungsrechten wirtschaftliche Gewinne erzielten, deutlich mehr zahlen. Für die Aufstellung der Altkleidercontainer könne die Stadt mit jährlichen Mehreinnahmen in Höhe von 2500 Euro rechnen.

Für die Mehrbelastung der teilweise unseriösen Altkleider-­Branche gab es die ungeteilte­ Zustimmung der Ausschuss-Mitglieder, die einzelne Auswüchse in Kirchhain beklagten. Dagegen wehrte sich der Ausschussvorsitzende Uwe Pöppler (CDU) geben die Mehrbelastung der Außengastronomie. Die Stadt wolle die Innenstadt beleben. Dazu passe die zusätzliche Belastung der Wirte im Stadtzentrum nicht. Vier Ausschuss-Mitglieder stimmten für den Entwurf, vier enthielten sich.

Am Montag, 26. Juni, findet ab 19 Uhr die letzte Stadtverordnetenversammlung vor der Sommerpause statt. Ab 19 Uhr werden im großen Saal des Bürgerhauses unter Vorsitz des Stadtverordnetenvorstehers Klaus Weber 19 Tagesordnungspunkte behandelt.

Text und Foto von Matthias Mayer